Andacht zum Sonntag Kantate: „Singen sprengt die Fesseln“
Der Spruch des Sonntags und der Woche lautet: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“ (Psalm 98,1). Eine Andacht von Markus Aust
Hand aufs Herz! Sind wir nicht eher geneigt, die alte Leier anzustimmen: „Früher war alles besser, heute ist alles so schlimm, morgen wird es noch viel, viel schlimmer sein.“
Natürlich gehen wir gerade durch schwere Zeiten, die ich in keiner Weise klein reden möchte. Aber der Sonntag Kantate ermutigt uns, gegen die widrigen Umstände anzusingen und dabei zu erleben, wie die Ketten der Trostlosigkeit aufspringen und Trost und Mut einziehen.
Meine Lieblingsgeschichte dazu steht in der Bibel in Apostelgeschichte 16, 22-34: Paulus und Silas wurden „hart geschlagen“, weil sie vollmächtig das Evangelium verkündigt hatten. Man warf die Beiden, von Striemen und Wunden gezeichnet, ins Gefängnis und sperrte ihre Füße in einen Holzblock. Das heißt: Sie saßen absolut fest. Ihnen war massives Unrecht widerfahren; sie hatten übelste Schmerzen erlitten und konnten sich – an den Füßen fixiert – noch nicht einmal ihre Wunden verbinden.
Sie haben ihre Herzen im Gesang erhoben
Und jetzt kommt es: Was machen die Zwei? Sie hätten doch jetzt allen Grund zu klagen und zu fragen: „Herr, wie kannst Du so etwas nur zulassen? Wir sind doch in deinem Auftrag unterwegs!“ Tun sie aber nicht. Sondern das Gegenteil. Um Mitternacht fangen sie an zu singen und Gott zu loben. Ziemlich verrückt, oder? Aber gerade da liegt das Geheimnis: Äußerlich gebunden sind sie innerlich zu ihrem auferstandenen und erhöhten Herrn entrückt oder ver-rückt. Sie haben ihre Herzen zu ihrem Herrn und Gott im Gesang erhoben.
Dieses Wunder geschieht immer wieder beim Singen und ganz besonders beim Singen von Gottes- und Anbetungsliedern: Die Seele des Singenden wird über die schmerzlichen Umstände zu Gott erhoben.
Ich las von einem Gefängnisinsassen, der im Gefängnischor das Lied von Marius Müller-Westernhagen sang: „Freiheit, Freiheit ist die Einzige, die fehlt.“ Während er sang, war er schon frei, war er wieder zuhause bei seiner Familie, die ihm die Treue hielt.
Gott loben zieht nach oben
Singen sprengt die Fesseln. Gott loben zieht nach oben. Auf einmal stehen wir nicht mehr gefangen in den üblen Umständen, sondern frei vor unserem Herrn, der über unseren Umständen steht und uns als der gute Hirte da heraus führen wird. Wer´s glaubt, wird selig. In der Tat!
„Dankt unserm Gott, lobsinget ihm,
rühmt seinen Namen mit lauter Stimm;
lobsingt und danket allesamt.
Gott loben, das ist unser Amt.“
(Evangelisches Gesangbuch Nr. 288,5)
Es grüßt Sie herzlich,
Ihr Markus Aust, Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Gummersbach