Andacht: Man würde uns Liebende nennen
Die Wochenandacht kommt von Pfarrer Markus Aust aus Gummersbach
„Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.“ 1. Johannes 4, 21
Von dem amerikanischen Theologe John Stott stammt das Zitat: „Christen werden gewöhnlich Gläubige genannt. Ich wünschte, man würde uns Liebende nennen.“ Damit schreibt er allen Christen die Frage nach dem sichtbaren Ergebnis ihres Glaubens ins Stammbuch.
Als ich einmal einen Täufling durch das Kirchenschiff trug und dabei seinen Taufspruch auslegte, tätschelte ich liebevoll seinen Popo und sagte: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Alles lachte, aber die meisten verstanden auch, was ich wirklich meinte: Entscheidend ist, was am Ende eines Gesprächs, einer Begegnung, einer Anfrage, aber auch am Ende unserer Lebensgeschichte herauskommt. Ist es vor allem die Erfahrung von Liebe?
Die ersten Christen erfuhren deshalb so großen Zulauf, weil sie die Liebesbotschaft so befreiend glücklich machte: „Gott hat sich festnageln lassen auf seine unerschütterliche Liebe zu Dir!“ Und wegen dieser Liebesbotschaft war die Weitergabe dieser wohltuenden, herzerfrischenden Liebe so wichtig. Die ersten Christen strahlten in ihrer Umgebung wegen ihrer außergewöhnlichen Liebestaten- Ausgestoßene aufnehmen, Hilfesuchende annehmen, Fremden Heimat geben, Leidende pflegen und betreuen, Sterbende halten und segnen.
Gewiss, vieles hat sich geändert. Liebestaten und Liebeswerke sind – gottlob – institutionalisiert und professionalisiert worden und die Kritik an mangelnder Selbstlosigkeit und dem offenkundigen Versagen der Christen ist größer geworden. Aber ich meine, es ist immer noch so: Wer die Liebe von Jesus Christus einmal so richtig tief im Herzen gespürt hat und davon ergriffen wurde, der kann nicht anders, als trotz aller eigenen Schwachheiten und Fehler, diese Liebe weiter zu verströmen – in Wort und Tat.
Paulus formuliert es so: „Die Liebe Christi drängt uns!“ (2. Korinther 5,14) und: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ (Galater. 2,20) Das ist das Geheimnis des Glaubens. Meine Liebesfähigkeit wächst in dem Maße, wie Christus in mir wirken kann. Er hilft mir, Menschen, die mich brauchen, mit den Augen seiner Liebe anzuschauen. Das befreit mich immer wieder, gegen meinen inneren „Schweinehund“ aufzustehen und es trotzdem zu machen: lieben, zuhören, verstehen, helfen, beten.
„Letztlich zählt nur……die Liebe!“
Evangelisches Gesangbuch 417: Lass die Wurzel unsres Handelns Liebe sein, senke sie in unser Wesen tief hinein. Herr, lass alles hier auf Erden Liebe, Liebe werden!
Lass die Wurzel unseres Handelns Liebe sein, dieser größten Gabe ist kein Dienst zu klein. Herr, lass alles, hier auf Erden Liebe, Liebe werden!
Text: Paul Kästner (1921) Strophe 2: Dieter Trautwein (1986), Melodie Volker Ochs (1971)
Alles Liebe,
Ihr Markus Aust, Pfarrer in Gummersbach