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Wochenandacht

Andacht: Alle Eure Sorge werft auf ihn

Die Andacht zum Wochenspruch kommt von Pfarrer Uwe Selbach aus Gummersbach

Der Wochenspruch für die kommende Woche ist auf den ersten Blick wunderschön und tröstend:

„Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch!“ (1. Petrus 5,7)

Auf den zweiten Blick kommen mir Zweifel: im Blick auf Corona, auf Amerika, auf Naturkatastrophen weltweit, auf Konflikte und Krisenherde nah und fern – da habe ich das Gefühl: Es gibt zu viele Sorgen und mir fehlt die Unbekümmertheit der Kindheit und ich weiß doch auch um meine Verantwortung! Was will dieser Bibelvers mir sagen? Und ich merke, ich habe mindestens zwei Schwierigkeiten. Wie macht man das: Sorgen auf Gott „werfen“? – Und: Sind sie dann etwa weg?

Ich schaue in die Bibel und sehe: Dieser schöne Vers hat noch eine Art Vorgeschichte. Nämlich vor diesem einladenden Wochenspruch steht noch eine Art „Mahnung“, vielleicht eine Art „Gebrauchsanweisung“ für diesen Spruch. (Lesen Sie immer die Gebrauchsanweisung, bevor sie ein neues Gerät benutzen? Ich oft nicht, weil ich denke, es wäre doch eigentlich klar…)

Es gibt natürlich auch Sprüche ohne Vorgeschichte und ohne Gebrauchsanweisung. Zum Beispiel: „Es ist ein Spruch von alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör.“ – Das Problem daraus ist bekannt: Diese weinselige Sorglosigkeit hebt keine Sorge auf, sondern führt eher zu neuen Sorgen.

Vor unserem tröstlichen Wochenspruch steht: „..Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.“ (1. Petrus 5, 5+6)

Das klingt jetzt gar nicht mehr so einladend! „Sich demütigen..“ – soll ich ins Kloster gehen? Auf getrockneten Erbsen knien? Immer den unteren Weg gehen? Mittelalterliche Rituale aufleben lassen?

Vielleicht gibt es aber noch einen anderen Weg, „Demut“ sinnvoll zu begreifen: Indem ich meine eigene Person der Größe Gottes gegenüber stelle, auf „dass uns werde klein das Kleine und das Große groß erscheine“ (aus einem Gedicht von Marie Schmalenbach). – Wenn wir Oberberger über die A 4 nach Köln fahren, dann sehen wir irgendwann in der Ferne den Kölner Dom: klitzeklein. Wenn wir dann einen Parkplatz im Zentrum gefunden haben und vor dem Dom stehen – dann sind wir die, die klitzeklein sind.

Was für ein Größenunterschied

So ähnlich könnte es uns auch mit Gott gehen: Aus der Ferne, aus großer Distanz, da erscheint er uns klein und ohnmächtig, vielleicht völlig im Dunst und unscheinbar. Wir sind auf „Augenhöhe“ mit ihm und können ihn sogar ignorieren. Dann bleiben wir mit unseren Sorgen auch nur bei uns und unseresgleichen. Wenn wir uns ihm aber nähern, ganz dicht an ihn herantreten, dann ahnen wir immer deutlicher, was für ein Größenunterschied da besteht. Ich glaube: Das ist Demut! Manche empfinden das im Urlaub in den Bergen, wenn sie vor gewaltigen Felsmassiven stehen – sie werden „demütig“!

Und wenn ich den Dom dann betrete, merke ich, dass dies ein guter Ort sein kann, wo ich mit meinen Sorgen und meinem Leben gut aufgehoben bin! Und das nicht nur im Kölner Dom, sondern in jedem Gotteshaus! Und hier höre ich die Einladung: Wirf Deine Sorgen auf mich!

Sind sie dann weg? – Das weiß ich nicht immer. Aber ich weiß: Ich bin mit meinem ganzen Leben und allen Sorgen bei einem geborgen, der größer ist als alles!

Samuel hat Probleme

In „Voller Witz und Weisheit“ (Seite 57) erzählt Axel Kühner eine wunderschöne Geschichte:

„Samuel hat Probleme. Die Geschäfte laufen nicht gut. Finanzielle Sorgen drücken hart. Er muss sich bei seinem Nachbarn Geld leihen. So wälzt er sich nachts ruhelos im Bett. Seine Frau Ethel wird wach und fragt. „Ich mache mir große Sorgen“, seufzt Samuel, „ich schulde unserm Nachbarn Rosenberg 500 Dollar und muss sie ihm morgen zurückgeben. Aber ich habe keine 500 Dollar. Ich bin pleite!“

„Das ist alles?“, meint Ethel, öffnet das Fenster und schreit zum Nachbarhaus hinüber: „He, Rosenberg, hörst du mich? Mein Mann Samuel kann dir das Geld morgen nicht geben!“ Sie schließt das Fenster, geht wieder ins Bett und meint zu ihrem Mann: „So, jetzt kannst du ruhig schlafen. Jetzt hat Rosenberg die Sorgen.“

Eine sorglose Woche wünscht Ihnen von Herzen,

Ihr Pfarrer Uwe Selbach

Literaturtipp: Axel Kühner: Voller Witz und Weisheit. Jüdischer Humor und biblische Anstöße, Neukirchener Verlagsgesellschaft