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Wochenandacht

Andacht: Sorgenvögel

Die Wochenandacht kommt von Pfarrerin Gabriele Bach aus Ründeroth

Andacht in Corona-Zeiten – das fällt mir gerade ziemlich schwer. Mir ist eigentlich nicht nach Andacht zumute. Eher sorge ich mich, ob eine zweite Ansteckungswelle kommt, ob die Schule meines Sohnes weiter Präsenzunterricht anbieten kann, ob ich in Quarantäne muss, ob im Krankenhaus die Grünen Damen und Herren wiederkommen, wenn sie wiederkommen dürfen, ob die Situation in den Heimen weiter so angespannt bleibt, ob unsere Kirchen noch leerer werden nach Corona, ob der Impfstoff irgendwann gefunden wird, ob die Reise-Firma meines Mannes das alles übersteht, ob wir gesund bleiben –  ob, ob, ob.

Ich nehme an, Sie könnten da auch noch ein paar „Obs“ anfügen. Nein, tatsächlich, für eine beschauliche Andacht habe ich im Moment keinen Sinn. Es ist die Sorge, die sich breit macht und mir oft die Kraft raubt für den Alltag.

„Sorgt nicht um euer Leben…“ heißt es in der Bergpredigt Jesu (Matthäus 6,25-34). „Denn wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?“ Stimmt! Das ist wirklich ein starker Satz. Und ich weiß ja längst, dass Sorgen nichts bringen. Im Gegenteil, sie lähmen, sie nehmen nötige Gestaltungskraft weg, sie fressen die Hoffnung auf, sie machen Panik. Sie sollten keine Chance bekommen.

Und doch sind sie da und verschwinden auch nicht so einfach. Also wohin mit den Sorgen, die ich nicht verhindern kann? Im ersten Petrusbrief heißt es: „Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“ Das gefällt mir auch gut. Meine Sorgen abwerfen. Denn so kann ich erstens selbst aktiv werden, und zweitens ist da ja offensichtlich auch einer, der meine Sorgen auffangen kann, sie im Gegensatz zu mir auch ertragen und aushalten kann – und dann auch noch anbietet, für mich zu sorgen.

Ich fand neulich einen weisen Spruch zu diesem Thema. Ob er aus China oder von Martin Luther stammt, konnte ich nicht mehr herausfinden, aber das ist jetzt auch nicht so wichtig: 

„Dass die Vögel der Sorge und des Kummers über Deinem Haupt fliegen, kannst Du nicht ändern. Aber dass sie Nester in Deinem Haar bauen, das kannst Du verhindern.“

Da bin ich wahrscheinlich gut mit beschäftigt in diesem Herbst und Winter. Die Sorgenvögel am Nesterbauen hindern. Sie vielleicht auch. Und hoffentlich, hoffentlich kommen dabei auch ein paar schöne sorglose Herbst- und Wintertage für uns alle heraus.

Andacht in Corona-Zeiten – geht doch!

Ihre

Gabriele Bach

Pfarrerin der Kirchengemeinde Ründeroth und Krankenhausseelsorgerin am Klinikum Oberberg